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Zeit für andere Relationen: die Aufgabe der Dekolonisierung, Epistemologie und das Politische

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Zeit für andere Relationen: die Aufgabe der Dekolonisierung, Epistemologie und das Politische[i]

 Nils Riecken
19. Dezember 2022

 

Hilft ein „Mehr“ an Forschung gegen Eurozentrismus?

Vor einigen Jahren absolvierte ich in Fès in Marokko einen Sommersprachkurs für Hocharabisch und marokkanisches Arabisch, um mich auf meine Dissertation vorzubereiten. In dieser wollte ich mich mit dem zeitgenössischen marokkanischen Intellektuellen und Historiker Abdallah Laroui (*1933), einem marxistischen Theoretiker der Dekolonisation, der Moderne und des Islams beschäftigen und analysieren, wie er arabisch-islamische und westliche, vormoderne und moderne Wissenstraditionen zusammenbringt, daraus einen neuen Denkort und so neue mögliche Zukünfte entwickelt. In der Wohnung der Familie, bei der ich wohnte, traf ich eines Tages auf einen anderen Gast der Familie, einen Historiker aus Europa, der mich fragte, welches Thema ich in meiner Doktorarbeit bearbeiten wolle. Ich erklärte ihm, dass ich eine intellektuelle Biographie Larouis schreiben wolle. Die Antwort des Professors kam prompt und ich erinnere sie in etwa so: „Ach, Laroui! Sein Marxismus war ja auch nicht wirklich etwas Neues.“ Für ihn war ziemlich klar, dass eine Auseinandersetzung mit Larouis Marxismus nichts Originelles bieten könnte, was innerhalb des westlichen Diskurses (d.h. einem historisch geformten Aussagemuster) über Marxismus nicht sowieso schon bekannt wäre. Ich war nicht nur irritiert von der Abwertung der intellektuellen Arbeit anderer, sondern auch davon, wie lebendig der Eurozentrismus in dieser Aussage schien, also eine bestimmte Praxis, die einen imaginären Ort namens „Europa“ als Symbol für den säkular definierten Westen geschaffen hat, dem bestimmte Eigenschaften wie etwa Fortschrittlichkeit und erfolgreiche Aufklärung, Säkularisierung und Demokratie zugeschrieben werden. „Europa“ dient dabei als eine „Brille“, durch die auf die Welt und die Menschen in ihr geblickt wird und diese verglichen und bewertet werden. Brille ist hier also gemeint als eine Metapher für eine Ordnung des Wissens, also etwas das darüber Aussagen macht, was und wie wir wissen können.

Was wäre eine gute Antwort gewesen? Dass da doch irgendetwas Interessantes in Larouis Texten zu finden sei? Hätte ich ihn überzeugen können, dass es sich doch lohnt? Ich bin mir nicht sicher – aber selbst, wenn es mir gelungen wäre, ihn zu überzeugen, dass da doch etwas „Neues“ an Larouis Marxismus dran sei, wäre doch Europa in seiner Rolle als der Standard für dieses Neue unterhinterfragt geblieben. Ich wäre dann einfach weiter der Logik der „Forschungslücke“ gefolgt, die typisch ist für den Jargon wissenschaftlicher Texte und insbesondere Anträge auf Forschungsgelder. Die Rede von der Forschungslücke impliziert, dass der Rahmen, in dem Wissenschaft und Forschung als Praxis konzipiert werden, gegeben ist, also Methode, theoretische Vorannahmen und disziplingebundene Fragestellungen vorab feststehen. Dieser Logik folgend sollen dann komplementär dazu empirische Teilstudien, etwa über ein nicht-europäisches Land wie Marokko, ein bestimmtes Wissen generieren. Dieses soll Inseln des Nicht-Wissens in jener vorab definierten etablierten Wissensordnung entdecken. Den so genannten Regionalstudien wie etwa der Islamwissenschaft, der Afrikanistik oder den Südasien- und Südostasienstudien fällt aus dieser Perspektive im besten Falle die Aufgabe zu, neue „Daten“ zu liefern oder theoretische Hypothesen der „großen“ Fächer – Geschichtswissenschaft, Soziologie, Politikwissenschaft, Ökonomie – zu testen, zu bestätigen oder auch zu widerlegen, aber nicht selber theoretisches Wissen zu produzieren.[ii] Wäre jetzt das Füllen von Forschungslücken ein geeigneter Weg, um dem Eurozentrismus in diesen Fächern und in der westlichen Öffentlichkeit wirksam zu begegnen, dann ließe sich jene, ohne große Anforderungen an die Methodologie zu stellen, relativ unkompliziert durch ein Mehr an Forschung überwinden – man „beforscht“ einfach mehr Orte und Zeiten, lernt noch mehr Sprachen und macht deren Texte digital zugänglich, entdeckt noch mehr verschüttete und verstaubte Akten und forscht über noch mehr indigene, vorgeblich von der Globalisierung und Kapitalismus unberührte Gemeinschaften. Schließlich müsste man alles wissen und der Eurozentrismus überwunden sein, oder?

Doch das Problem des Eurozentrismus steckt nicht in den (zu wenigen) Fakten, sondern in der Epistemologie.[iii] Im Falle von Larouis Marxismus war ja schon ein bestimmtes Wissen darüber vorhanden, das ein bestimmtes – negatives – Werturteil ermöglichte, weshalb die Beschäftigung mit Laroui eben keine neuen Erkenntnisse erwarten ließ. Auf diese Weise verdeutlichte mir das Werturteil des Historikers über den Status von Larouis Marxismus als nicht „neu“, dass das grundsätzliche Problem dieser Perspektive, den Westen als Zentrum der Geschichte zu verstehen, nicht einfach im mangelnden Interesse für andere Weltgegenden und Geschichten besteht. Denn er „wußte“ aus seiner Sicht bereits genau Bescheid über Form und Inhalt von Larouis Marxismus, sonst hätte er eine solche Aussage nicht machen können, dass da nichts zu erwarten war.

In dieser Zukunftserwartung des Historikers drückt sich eine Politik des Wissens aus, die die koloniale, asymmetrische Ordnung der Moderne fortschreibt. Die durchaus verbreitete Idee, ein bloßes „Mehr“ an Forschung könnte dem Eurozentrismus beikommen, läuft dabei Gefahr, diesen nicht als Wissensordnung mit Machteffekten in den Blick und ihn dadurch analytisch gar nicht erst in den Griff zu bekommen. Das Problematische am Eurozentrismus auf die positivistische Idee der „Forschungslücke“ zu reduzieren, nach der – mit einem Sprachbild gesagt – im Puzzle lediglich noch ein paar Teile fehlen, verdeckt die historischen Machtbeziehungen, die jene verbinden und trennen, die forschen und „beforscht“ werden. Der alleinige Blick durch die positivistische Brille macht die historisch‑politischen Beziehungen unsichtbar, die die Forschungssubjekte und -objekte als solche konstituieren. Diese Blindheit, die nicht naturgegeben ist, sondern erst durch eine Disziplinierung, ein Einüben und Institutionalisieren einer positivistischer Epistemologie erzeugt, autorisiert und abgesichert wird, ermöglicht im nächsten Schritt, die Beschäftigung mit nicht-westlichen Traditionen die möglicherweise herausfordernden, unbequemen Potentiale einer kognitiven Irritation zu nehmen, sie zu „Daten“ domestizieren und den eigenen forschenden Blick und die Politik der zugrundeliegenden Forschungsinteressen zu naturalisieren und unsichtbar zu machen.

 

Der Positivismus ist nicht die einzige Art und Weise, Kriterien von Wissenschaftlichkeit zu definieren

Mein Plädoyer ist nicht, mit dem Forschen aufzuhören, weniger zu forschen oder den Positivismus zu verdammen oder zu verabschieden. Es geht um ein anderes Forschen, in dem etwa Larouis Marxismus (oder ein anderes Element einer intellektuellen Tradition z.B. der arabischen Region) nicht einfach als ein Appendix europäischer Geschichte erscheint. Dazu gehört ein kritisch-analytisches Durchdenken des Erbes und der Praktiken des Positivismus in seiner Rolle zur Fortschreibung kolonialer Diskursmuster und Praktiken. Der Positivismus ist als grundlegende Wissensordnung moderner Wissenschaft ernst zu nehmen, man kommt an ihm nicht einfach vorbei, weil er grundsätzlich die moderne Wissensordnung prägt, die Naturerkenntnis in den Vordergrund stellt. Als solches ist der Positivismus eine – im derzeitigen Wissenschaftssystem dominierende, aber keinesfalls unbestrittene – Wissensordnung, also eine Epistemologie, die darüber Aussagen macht, was und wie, also mit welchen Methoden und analytischen Mitteln, wir etwa über die Welt wissen können. Als eine Epistemologie autorisiert sie typischerweise eine Logik der „Extraktion“ von neuem Wissen, die als unpolitisch ausgegeben wird, dabei aber selbst eine bestimmte Politik des Wissens inszeniert und autorisiert.[iv]

Doch während der an Korrespondenz mit der Natur orientierte Objektivitätsbegriff in den Naturwissenschaften in einem bestimmten Rahmen angemessen erscheint (die Statik einer Brücke ist nur objektiv richtig berechnet, wenn sie nicht gleich wieder zusammenstürzt), kann er nicht, anders als Verfechter des Positivismus es oft darstellen, absolut gelten. Schon die Heisenberg’sche Unschärferelation, nach der die Beobachter nicht zugleich Ort und Impuls eines Elektrons bestimmen können, zeigt selbst im Kontext der scheinbar unproblematischen positivistischen Beobachtung von Natur eine Grenze auf. Die andere Grenze liegt darin begründet, dass Objektivität in den Sozial- und Humanwissenschaften eine sprachliche und transaktionelle ist – sie ist an menschliche Beobachterinnen und Beobachter und deren beobachtetes Verhalten gebunden, das (soweit wir wissen) nicht einfach nach einem voreingestellten Computerprogramm abläuft, also andere Regelmäßigkeiten hat als die Natur: ein Ball fällt immer wieder auf die Erde, aber ein Mensch, so beobachten wir immer wieder, kann sich unter bestimmten Bedingungen und Machtverhältnissen so oder anders entscheiden und dies so oder anders kommunizieren. Jene Bedingungen und Machtverhältnisse sind die Geschichte und damit die Politik, die Sprechen, Denken, Vorstellungsvermögen, Träume und Absichten von Menschen prägen. Vertreterinnen und Vertreter des Positivismus würden dies nicht leugnen. Dennoch haben sie typischerweise das Problem, diese Dimensionen als Teil ihrer wissenschaftlichen Praxis zu verstehen, weil diese im Positivismus axiomatisch von allem Subjektiven und Politischen befreit ist. Diese Trennung ist aber mehr performativ (übersetzt: wenn das Publikum sagt: eine wirklich gute Inszenierung!). Die Institutionalisierung des Positivismus schafft einen nachhaltigen Realitätseffekt – Geschichte wird in Natur verwandelt.[v] Im Bereich der Geschichte ist die positivistische Vorstellung der „Korrespondenz“ der wissenschaftlichen Darstellung mit einer unverrückbaren Natur „da draußen“ nicht zu halten, weil etwa „Marxismus“, „Geschichte“, „Gesellschaft“, „Religion“ nicht physikalische Zustände sind, sondern an Sprache und ihre Träger – Menschen – gebundene Artefakte sind. Sie sind an materielle Kommunikationsmedien gebunden (Stimme, Texte etc.), aber lassen sich nicht als solche anfassen. Im Versuch, den Grund dieser Begriffe zu erfassen, sind wir immer wieder auf sprachliche Fassungen von ihnen zurückgeworfen. Dieser „Grund“ erweist sich als etwas, das sich immer weiter entzieht, je genauer wir versuchen, ihn zu bestimmen. Aus positivistischer Sicht wird an dieser Stelle schnell der Vorwurf laut, dass eine solche Perspektive gleichbedeutend mit der Selbstaufgabe der Wissenschaft und Einladung zum Relativismus sei. Im Rahmen der positivistischen Epistemologie ist diese Befürchtung durchaus folgerichtig, weil hier das Fundament des Positivismus infrage gestellt wird. Aus poststrukturalistischer und konstruktivistischer Sicht ist dieses Argument viel eher eine Aufforderung, in unseren Analysen genauer zu sein und die sprachliche Verfasstheit unserer Wirklichkeit ernst zu nehmen und zu analysieren. Das bedeutet auch, unsere analytischen Werkzeuge als etwas genuin Historisches zu verstehen, also als etwas, das eine Geschichte hat und damit auch Teil einer Politik des Wissens ist.

Bedeutet all dies, dass der der Positivismus beiseitegeschoben werden soll oder kann? Nein, die eigentliche Frage ist vielmehr, wie sich der Positivismus als eine Epistemologie unter anderen verstehen lässt und damit sein Alleinvertretungsanspruch für den Standard von Wissenschaft und Wissenschaftlichkeit zurückzuweisen ist. Ein Ansatzpunkt sind dafür beispielsweise sowohl Larouis als auch Adornos Kritiken am Positivismus. Beiden geht es keinesfalls darum, diesen zu einem Anachronismus (also etwas, was aus der Zeit gefallen gilt bzw. gelten soll) zu erklären. Ihre Form negativer Dialektik stellt indes die Mittel bereit, den epistemischen und historischen Status des Positivismus zu reflektieren und zu relativieren, ohne in Relativismus zu verfallen.[vi]

 

Das Paradox – die Politik der Zeit und das Politische im scheinbar neutralen Forscherblick

Der positivistische Denkstil, der im euro-amerikanischen Raum wissenschaftliches Arbeiten und Antragsformate prägt, behauptet, dass er es ermögliche, klar zwischen Wissenschaft und Politik, zwischen konkreter Forschung und übergreifenden Diskursen und Grundüberzeugungen, subjektiver Themenauswahl und neutraler Analyse zu trennen. Positivismus behauptet einen Weltbezug der Forschung zu ermöglichen, der erklärend (in Form von Gesetzmäßigkeiten) wiedergeben kann, was „da draußen“ passiert und passiert ist (in der Natur, in der menschlichen Geschichte, in der Psyche), ohne dass in dieser Repräsentation und ihrer Produktion (durch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler) in irgendeiner Weise Politik oder das Forschungssubjekt als politisches eine aktive, das heißt, das Ergebnis entscheidend beeinflussende Rolle spielt.[vii] Man muss sich, so das Argument, eben nur genug anstrengen – eine stark gegenderte Vorstellung, die der Positivismus gerne gegen die angebliche „luftige“, feminin konnotierte „Theorie“ in Stellung bringt, etwa im Bild des Historikers im Archiv, der sich durch staubige Akten quält im Gegensatz zum Theoretiker, der von der Realität abgehoben über Abstrakta spekuliert.[viii] An diesem Bild hängt die Idee, dass man „gute“ Wissenschaft macht, indem man sie vom Politischem „reinigt“, anstatt diese auf angeblich unlautere Weise zu politisieren wie etwa angeblich feministische und post- und dekoloniale Studien.

Am Beispiel der Frage nach dem Verhältnis zwischen Larouis Marxismus als Forschungsobjekt auf der einen Seite und dem Historikerkollegen und mir als Forschungssubjekten auf der anderen lässt sich sehr gut illustrieren, dass all diese Aussagen über eine saubere Trennung jener Sphären eher performative und politische Gesten sind, also normativ gemeinte Aufrufe an Forschersubjekte, sich entsprechend dieser Vorgaben zu verhalten, denn bloße Darstellung der Realität. Ich wusste damals, vor dem Beginn meiner Dissertation, noch nicht viel von Larouis Marxismus, aber allein die Tatsache, dass er sich intensiv damit in seiner spezifischen historischen Situation—dem kolonialen und später nach-kolonialen Marokko—beschäftigt hatte, ließ es mir unwahrscheinlich erscheinen, dass da einfach „Nichts“ passiert sein sollte in dieser Aneignung von Marx.[ix] Mich interessierte, welcher Ort des Sprechens aus seiner Übersetzung zwischen verschiedenen Traditionen – vormodern und modern, arabisch-islamisch und euro-amerikanisch – hervorging, also eine Perspektive, die weder auf den einen noch den anderen „Ort“ („den Westen“, „Marokko“, „Islam“) zu reduzieren wäre. Das Neue, das ich bei Laroui vermutete, war also kein exotisches Anderes, sondern ich verstand es als Resultat seiner Auseinandersetzung mit all diesen Elementen. Deshalb wollte ich verstehen, wie es dazu kam, dass jener europäische Historiker die Kategorie des Neuen als absoluten Standard verwendete; also, dass der Westen für ihn in Bezug auf den Marxismus alles Wesentliche gesagt hatte. Dabei war er selbst kein Marxist, so schien mir, denn er identifizierte sich offenbar nicht mit dieser Tradition, sondern sah sie als reines Forschungsobjekt. Doch das Objekt Marxismus war, wie gesagt, definiert als Produkt westlicher Geschichte, zu der andere nur in einem sekundären Verhältnis stehen konnten. In diesen Annahmen drückt sich eine bestimmte, eurozentrische Politik der Zeit aus. Die Aussage des Historikers, Larouis Marxismus habe nichts Neues zu bieten, imaginierte Europa als Zentrum der Geschichte. Die Aussage über Larouis Marxismus und die Verwendung der Kategorie des Neuen war also zugleich ein Element der eurozentrischen Imagination des modernen Politischen.

Während die Offenheit der Zukunft als Schlüsselcharakteristikum modernen Zeit- und Geschichtsdenkens ist, war aus der Perspektive des Historikers die Zukunft für Laroui als Intellektueller in der nachkolonialen Peripherie Europas offenkundig nicht als offen konzipiert—seine Leistung wurde bewertet an einem als definitiv verstandenen westlichen Standard und vergangenen Zukunft (Marxismus und dessen Emanzipationsversprechen), den er erreichen oder verfehlen konnte.[x] Dabei ist zu betonen, dass es nicht um einen bloßen Denkfehler geht, sondern wir stoßen hier auf einen historisch geformten, zu unterschiedlichen Graden institutionalisierten und universalisierten Diskurs der westlichen Moderne über sich selbst und die Welt, der vielfach kritisch analysiert worden ist. In diesem eurozentrischen Diskurs ist das „Neue“ in Regionen, die außerhalb des Westens verortet werden, demnach nie wirklich neu. In der „Postkolonie“ ist, so impliziert es diese eurozentrische Konzeption, das Neue immer schon vorbei, und es ist immer woanders zu Hause.[xi] Wie es unter anderem die post- und dekoloniale Kritik herausgearbeitet hat, erschöpft sich in diesem Rahmen intellektuelle Arbeit im außereuropäischen, anti- und postkolonialen Kontext (etwa eine Marx-Lektüre in Marokko) in einer leeren (also das große Ganze nicht ändernden) Wiederholung eines imaginierten europäischen Originals.[xii] In der Reduktion von Larouis Werk zu einem leeren, historisch gewichtslosen Abbild eines westlichen Originals kommt das Politische zum Vorschein, so wie es ein eurozentrischer Diskurs über den Westen als Projekt erzeugt. Das Politische ist der Grund, auf dem ein „Wir“ steht beziehungsweise stehen soll, deskriptive und normative Ebene verschwimmen hier unweigerlich. Das Politische ist zudem immer in Verhandlung, weil es stets widerstreitende Visionen davon gibt, was diesen Grund ausmachen soll (wie etwa Debatten über den Begriff der Demokratie zeigen).[xiii]

Die miteinander konkurrierenden Entwürfe des Politischen können als Erzählungen des Politischen verstanden werden, also eine spezifische Historizität, d.h. eine Art, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zusammenzubringen. Der Historiker Achim Landwehr spricht in diesem Zusammenhang instruktiv von Chronoferenzen.[xiv] Damit ist gemeint, dass eine Aussage ihren Wirklichkeitsbezug und Realitätsgehalt durch den Verweis auf die Dimensionen von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft etabliert.[xv] Angewendet auf das vorige Beispiel von Laroui Marxismus bedeutet das, dass es dem Historiker ausgeschlossen schien, dass die erneute Lektüre von Larouis Werk etwas zu „unserer“, als westlich definierten modernen Gegenwart und Zukunft beitragen könnte, etwa durch einen Beitrag zur Frage von Freiheit, Geschichtswissen oder künftiger politischer Ordnung im postkolonialen Marokko oder Europa selbst. So lieferte der Blick auf Larouis Marxismus zugleich einen Moment der Selbstvergewisserung der westlichen Selbstbeschreibung als fortschrittlich bzw. fortschrittlicher als die die Anderen. So wird deutlich, dass die Trennung von forschendem Subjekt und Objekt auf grundlegender Ebene durchbrochen ist bzw. unterminiert wird. Der relationale poststrukturalistische Blick ermöglicht zu sehen, wie das als neutral markierte, westlich Forschersubjekt in eine Politik der Historizität eingebunden ist, in der der Grund des Politischen – in Form einer Konzeption des „Westens“ und einer Differenz vom Nicht-Westlichen – erzeugt und legitimiert wird.

 

Nicht Kulturen im Konflikt, sondern Politik der Differenz

Als ich schließlich meine Dissertation schrieb, fragte ich mich, wie sich die Anforderungen des modernen westlichen Wissenschaftssystems, das sich selbst, solche Qualifizierungsarbeiten und die Logik der Forschung insgesamt über den Code veraltet/neu strukturiert, von dieser geopolitischen Dimension trennen lassen. Mir wurde klar, dass die wieder ausgerufene Suche nach einer neutralen Wissenschaftssprache, einer Metasprache, eine positivistische Wunschvorstellung ist, die mir nicht helfen würde, mein Forschungsobjekt besser zu verstehen und zu historisieren. Die Trennung von Subjekt und Objekt, so wie sie der Positivismus unbedingt erfordert, war so nicht durchzuhalten, sondern als eine dynamische, historische und politischen Relation zu denken, in der diese Trennung und Zusammenfügung beider Ebenen und die Politik dieser Denkbewegung reflektiert werden muss. Diese Analyse, die ganz wesentlich Aufmerksamkeit auf Sprache, Diskurs, diskursive Logiken die Positionalität von dezentrierten Subjekten (anstatt vom vermeintlich souveränen, selbsttransparenten Individuum aus) lenkt, ist dabei keine selbstbezügliche Fingerübung oder eine Verabschiedung des ernsthaften Objektbezugs, wie positivistische Kritikerinnen und Kritiker immer wieder behaupten, sondern impliziert die Notwendigkeit einer mitlaufenden historisch‑epistemologischen Gesellschaftsanalyse, in der Sprache und das Imaginäre nicht als etwas Sekundäres, sondern als das Medium verstanden werden, in dem Wirklichkeit gemacht, gelebt und kommuniziert wird.[xvi] Von hier aus eröffnete sich mir ein Weg, mein Verhältnis zum Forschungsobjekt – den diskursiven Praktiken, die Larouis Texte strukturieren, und seine von strukturierten Denkbewegungen innerhalb dieses Terrains, zu dem er sich kritisch verhält – als ein genuin politisches zu beschreiben und es nicht als ein kulturelles zu konzeptionalisieren, so wie es der Relativismus und der Fokus auf „Kulturen“ tun, wodurch letztlich das Verhältnis von Selbst und Anderem wieder festgeschrieben wird.[xvii]

Aus meinem veränderten Blickwinkel wurde es möglich, die gängige Identifikation von Wissenschaft (Islamwissenschaft, Geschichtswissenschaft, Politikwissenschaft – den Fächern, die ich studiert habe) als säkular „hier“ und einer als islamischen Welt „dort“ als religiös als Teile eines größeren Diskurses, einer immer wieder geteilten großen Erzählung zu verstehen, in den sich die westliche (akademische) Öffentlichkeit beständig einschreibt. In dieser binär strukturierten Auffassung von Geschichte wird der Westen und seine legitimen Mitglieder als souverän einem spezifisch konturierten Anderen gegenüber gestellt – einer religiösen, gewaltvollen Vergangenheit des „Mittelalters“ und deren Wiedergänger in der Gegenwart in Form eines „islamischen Fundamentalismus“ – wodurch der „säkulare Westen“ sich einen bestimmten Platz in der Geschichte erschreibt, eine Gegenwart, über die er angeblich vollständig verfügt.[xviii] Hier scheint auf der einen Seite all das, was einmal problematisch war – die Rolle des Religiösen, die Tradition, Gewalt – zumindest prinzipiell, auch wenn es hie und da Probleme gibt, überwunden. Auf der anderen Seite, muss, in diesem Denkrahmen, all das „noch“ überwunden werden in Traditionen, die dies nicht geschafft zu haben scheinen, also ein vormodernes, nicht-aufgeklärtes Verständnis von Religion, eine Traditionsfixierung, eine Gewaltneigung (wie immer wieder über die islamische Tradition gesagt wird). Diese Überbestimmtheit der eigenen Position anzuerkennen, bedeutet, dass nach der Skepsis gegenüber den großen Erzählungen die erneut ausgerufene Suche und Sehnsucht nach einer neutralen Metasprache für die Wissenschaft immer Gefahr läuft, ein weiteren Akt in diesem gewissermaßen öffentlich inszenierten Stück über westliche Souveränität zu spielen. Das lässt sich nur umgehen, wenn die Bühne, auf der diese Darbietung stattfindet, als immer auch politisch in und mit Zeit und Geschichte konstituiert mitreflektiert wird. Denn im diskursiven Rahmen des Positivismus bleiben Erinnerung und Imperativ der Überwindung des Religiösen im Stillen als normative Horizonte erhalten. Nur wer allein im Rahmen des Positivismus bleibt, kann behaupten, dass Wissen und damit zeitliche—und damit also auch historische—Relationen (und das wären Begriffe, Erfahrungen, etc.)—ohne ihre grundlegend politische Konstituiertheit und die Rolle der (wissenschaftlichen) Beobachterinnen und Beobachter ihren vollen historischen Rolle zu verstehen wären. Es ist natürlich möglich, die Entscheidung zu treffen, als Beobachter allein in einem einzigen epistemologischen Rahmen zu bleiben, doch das liefert keine Handhabe, um etwa epistemischen Asymmetrien—wie etwa im Urteil über Larouis Marxismus—entgegenzutreten, weil man diese dann nur registrieren, kartieren und typologisieren kann.[xix] Denn die Ebene des politischen Konflikts, der immer auch die Beobachterinnen und Beobachter involviert, ebenso wie die Politik der Epistemologie selbst, bleibt im positivistischen Rahmen zu wenig reflektiert, wenn dieser selbst absolut gesetzt wird.

 

Wie lässt sich die Übersetzung zwischen Wissenstraditionen anders denken?

Es gibt viele verschiedene kritische und selbstreflexive Ansätze, mit denen sich intellektuelle Traditionen anders lesbar machen als aus der hier kritisierten eurozentrischen und positivistischen Perspektive. Mir geht es also nicht darum, hier einen Ansatz zu kanonisieren. Wichtig erscheint mir die folgenden vier Punkte: Es braucht erstens einen weiten Begriff von Politik (wie etwa in der Kulturgeschichte des Politischen und der politischen Philosophie), bei der das Politische als Zone der Grundierungsversuche von imaginierten (deshalb keinesfalls weniger realen) Gemeinschaften und des Realen begriffen wird. So wird deutlich, dass die historisch, sozialwissenschaftlich und naturwissenschaftlich arbeitenden Disziplinen im Kern an der Produktion des Politischen teilhaben. Nur aus positivistischer Sicht erscheint eine solche Aussage als unzulässige Politisierung.

Dies verweist, zweitens, darauf, dass der Streit um das „richtige“ Verständnis von Wissenschaft und Forschung und darum, was als „nützlich“ erscheinen darf, auf der Ebene von widerstreitenden Epistemologien und der materiell-diskursiven Grenzregime, die diese begründen, geführt werden muss. Post- und dekolonialen sowie feministischen Ansätzen geht es nicht einfach allein um die Überwindung irgendwelcher Binaritäten (d.h. wenn zwei Elemente als absoluter Gegensatz gelesen werden, aber auf diese Weise letztlich immer aufeinander verweisen) allein, sondern es geht ihnen darum zu zeigen, wie diese als historische Elemente von ebenso historisch geformten, materiellen und unterschiedlich institutionalisierten Aussagezusammenhängen begriffen werden müssen, die die Grenzen des Sag-, Denk- und Sichtbaren bestimmen. Es geht also nicht um ein Richtig oder Falsch, sondern um die politische Mobilisierung und Mobilisierbarkeit solcher Schemata und der Politiken, die diese ermöglichen.

Kritischen Ansätzen aus den post-, dekolonialen und feministischen Studien geht es darum, diese bestehenden Grenzregime nicht einfach fraglos mitzumachen. Das heißt nicht, dass es keine Grenzen mehr gäbe – solche Überwindungsgesten sind diesen Ansätzen fremd, weil sie analytisch immer im Blick haben, dass Realität immer durch Grenzziehungen konstituiert wird. Es geht diesen Ansätzen von Kritik darum, andere Grenzen, andere Relationen, andere Zukünfte denkbar zu machen.

Doch diese Arbeit findet nie, drittens, auf einem symmetrisch geordneten Spielfeld statt, so wie es die Diskurse des Liberalismus und des Positivismus imaginieren und so ihre eigene Machtposition und Form als historisch geformte Epistemologien unsichtbar machen. Der von den Verteidigern dieser Epistemologien typischerweise vorgebrachte Vorwurf an de- und postkoloniale sowie poststrukturalistische Ansätze, es drehe sich ja nicht alles um Macht, ist selbst ein Zug in Relationen der Macht. Dies zu betonen heißt gerade nicht, den Anspruch auf mehr rechtebasierte Gleichheit der Menschen in der Welt – ein Kernanliegen von Praktiken und Politiken der Dekolonisierung – aufzugeben. Es geht darum, nicht mit falschen Vorannahmen in dieses Gespräch zu starten und bestimmte Startvoraussetzungen stillschweigend zu normalisieren. Aus dieser Perspektive lassen sich Wissenstraditionen mit ihren Kanonisierungen – sei es die westliche Moderne oder die islamische Tradition oder der westliche oder antikoloniale Marxismus – als historisch sedimentierte Archive verstehen. Archiv wäre hier zu verstehen im Sinne der Diskursanalyse als Dispositiv, ein historisch gewordener „Apparat“, der bestimmte Sprech-, Denk- und Handlungsweisen ermutigt, autorisiert, denkbar macht, während er andere delegitimiert, ausschließt, unsichtbar macht.[xx] Solche Archive enthalten eine Potentialität, die über das aktiv Gesagte oder Intendierte hinausgeht. Dies lässt sich erfassen, indem man die niemals erschöpfte mögliche Deutungsvielfalt, den beständigen Konflikt um das richtige Verständnis einer Wissenstradition mitdenkt und dabei diesen Konflikt eben als einen um bestimmte Chronoferenzen, noch einmal: ein bestimmtes In-Beziehung-Setzen von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, etwa als Fortschrittsgeschichte, als Erlösungsgeschichte oder als Niedergangserzählung konzeptionalisiert, in dem die Grundkoordinaten der beteiligten Subjekte und des Politischen (als dem imaginierten Grund, auf dem die Gemeinschaft stehen soll) auf dem Spiel stehen.[xxi]

Schließlich ist es, viertens, von entscheidender Bedeutung für eine nicht‑zentristische, nicht‑positivistische Lesart von intellektuellen Traditionen und Praktiken, die Analyse dieser Archive und ihrer Potentialitäten selbst als eingebettet in eine Tradition selbstreflexiv zu analysieren, also die eigene Politik der Epistemologie zu thematisieren.[xxii] Während der Positivismus vom souveränen Subjekt ausgeht, welches das Objekt unabhängig von sich zur Repräsentation bringen kann, betonen poststrukturalistisch und radikalkonstruktivistisch argumentierende Ansätze, dass diese Vorstellung vom Subjekt eben nur eine Subjektformation unter anderen ist und zu spezifischen Wissenstraditionen gehört (etwa dem Positivismus um dem westlichen Liberalismus mit deren Idee von souveränen, rational handelnden Individuen). Auf diese Kritik aufbauende post-, dekoloniale und feministische Ansätze versuchen, sich dieser Normierung des Subjektbegriffs und seiner Praxis zu entziehen, indem sie die Relativität jenes Subjektverständnisses aufzeigen, um so zu einem anderen, weniger dichotomen Verständnis des Verhältnisses von Individuen und Gemeinschaften zu kommen.

Aus dieser Perspektive stellt sich die Frage nach dem Neuen an Larouis Marxismus nicht als eine Frage nach dem Abgleichen von westlichem Original und nicht-westlicher Kopie, sondern als eine Form von Übersetzung, die sich ihrer politischen Dimension bewusst ist und diese in der Entwicklung ihrer Fragestellungen, ihrer Methode und ihrer analytischen Arbeit mit bearbeitet. Das mögliche Neue an Larouis Marxismus lässt sich nicht auf eine Lücke in einem vordefinierten Wissensfeld und Element einer Gesellschaft „dort“, außerhalb des Westens, reduzieren. Sondern seine Lesart von Marx stellt eine produktive Infragestellung und Rekonfiguration etablierter eurozentrischer Interpretationen der Geschichte der globalen Moderne dar, die auch „hier“—in Deutschland, Europa, der so genannten westlichen Welt—Relevanz hat.

Es ist Zeit für andere Relationen. Doch diese kommen nur zum Vorschein durch eine Form der Forschung, die die Subjektivierung der Forschenden selbst als politische Subjekte und eine Historisierung ihrer Forschung in der Politik der Zeit mit reflektiert und sichtbar macht. In diesem Fall kann die Untersuchung von intellektuellen Traditionen in modernen islamischen Kontexten mehr sein als ein Abgleichen an einem europäischen Original oder deren Reduktion zu einem Phänomen von lediglich lokaler oder internen Bedeutung (innerhalb der islamischen Tradition, innerhalb Marokkos, etc.). Dann werden diese Traditionen lesbar in Bezug sowohl auf die sie und ihre Deutungen determinierende Politik der Zeit als auch im Hinblick auf dazu quer liegende, andere Relationen von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft in diesen Traditionen, die andere Erzählungen und damit neue Möglichkeitsräume ermöglichen.

 

Anmerkungen:

[i] Der erste Teil des Titels verdankt sich der Inspiration eines von Achim Landwehr und Tobias Winnerling organisierter Workshop im Jahr 2016, an dem ich teilgenommen habe.

[ii] Zu dieser Politik des Wissens Mitchell (2003): The Middle East in the Past and Future of Social Science. In: Szanton (Hg.), The Politics of Knowledge: Area Studies and the Disciplines. Berkeley: University of California Press.

[iii] Auf diese komplexere Problemlage weist auch der Text von Christoph Herzog in diesem Blog „Philosophie in der islamischen Welt der Moderne als interdisziplinäres Forschungsfeld“ (21. Oktober 2022) hin.

[iv] Dhawan (2017): Can Non‐Europeans Philosophize? Transnational Literacy and Planetary Ethics in a Global Age. Hypatia, 32, 488-505.

[v] Dazu Barthes (2003): Mythen des Alltags. Aus dem Französischen von Helmut Scheffel, Sonderausg, Frankfurt a.M., Suhrkamp.

[vi] So aber Steinmetz (2005a): Introduction. Positivism and its Others in the Social Sciences. In: Steinmetz (Hg.), The Politics of Method in the Human Sciences. Positivism and Its Epistemological Others. Durham et al.: Duke University Press: 2.

[vii] Steinmetz (2020): Historicism and Positivism in Sociology: From Weimar Germany to the contemporary United States. In: Paul and Veldhuizen (Hg.), Historicism: A Travelling Concept. London: Bloomsbury: 74. Ethan Kleinberg arbeitet die dem Positivismus zugrunde liegende „realistische Ontologie“ im Feld der Geschichts- und Kulturwissenschaften heraus: Kleinberg (2017): Haunting History: For a Deconstructive Approach to the Past, Stanford, Calif., Stanford University Press. Siehe auch Steinmetz (2005b): The Politics of Method in the Human Sciences: Positivism and its Epistemological Others, Durham et al., Duke University Press.

[viii] Kleinberg, Scott and Wilder. (2018): Theses on Theory and History [Online]. Wild On Collective. Available: http://theoryrevolt.com/.

[ix] Siehe vor allem Al-ʿArwī (1998): Al-ʿarab wa al-fikr al-tārīḫī [Arabs and Historical Thought], Casablanca and Beirut, Al-markaz al-ṯaqāfī al-ʽarabī. Die englische Adaption ist Laroui (1976): The Crisis of the Arab Intellectual: Traditionalism or Historicism?, Berkeley, University of California Press.

[x] Siehe etwa Koselleck (1989): ‘Erfahrungsraum’ und ‘Erwartungshorizont’ – zwei historische Kategorien. In: Koselleck (Hg.), Vergangene Zukunft. Zur Semantik geschichtlicher Zeiten. Frankfurt a.M.: Suhrkamp.

[xi] Der Begriff Postkolonie wurde von Achille Mbembe geprägt Mbembe (2001): On the Postcolony, Berkeley, Los Angeles, and London, University of California Press.

[xii] (etwa Homi Bhabha, Dipesh Chakrabarty, Kathleen Davis, Susan Friedman, Walter Mignolo, Antonio Vázquez-Arroyo, Rolando Vázquez. Friedman (2006): Periodizing Modernism: Postcolonial Modernities and the Space/Time Borders of Modernist Studies. Modernism/modernity, 13, 425-443, Bhabha (2000): Wie das Neue in die Welt kommt: Postmoderner Raum, postkoloniale Zeiten und die Prozesse kultureller Übersetzung. In: Bhabha (Hg.), Die Verortung der Kultur. Tübingen: Stauffenberg Verlag, Chakrabarty (2000): Provincializing Europe. Postcolonial Thought and Historical Difference, Princeton and Oxford, Princeton University Press, Davis (2008): Periodization and Sovereignty: How Ideas of Feudalism and Secularization Govern the Politics of Time, Philadelphia, University of Pennsylvania Press, Mignolo (2011): The Darker Side of Western Modernity: Global Futures, Decolonial Options, Durham and London, Duke University Press: Kapitel 5. Vázquez-Arroyo (2008): Universal History Disavowed: On Critical Theory and Postcolonialism. Postcolonial Studies, 11, 451-473.

[xiii] Agamben, Badiou, Bensaïd, Brown, Nancy, Rancière, Ross and Žižek (Hg.), (2012): Demokratie? Eine Debatte. Mit Beiträgen von G. Agamben, A. Badiou, D. Bensaïd, W. Brown, J.-L. Nancy, J. Rancière, K. Ross und S. Žižek, Berlin: Suhrkamp.

[xiv] Landwehr (2016): Die anwesende Abwesenheit der Vergangenheit: Essay zur Geschichtstheorie, Frankfurt am Main, Fischer.

[xv] Hartog (2015): Regimes of Historicity: Presentism and Experiences of Time, New York, Columbia University Press.

[xvi] Sarasin (2003): Geschichtswissenschaft und Diskursanalyse. In: Sarasin (Hg.), Geschichtswissenschaft und Diskursanalyse. Frankfurt a.M.: Suhrkamp.

[xvii] Eine sehr instruktive Kritik der Verwendung von Kultur als Mittel, um historische Differenz zu fassen, findet sich in Scott (2003): Culture in Political Theory. Political Theory, 31, 92-115.

[xviii] Davis, Kathleen, Periodization and Sovereignty: How Ideas of Feudalism and Secularization Govern the Politics of Time, Philadelphia: University of Pennsylvania Press, 2008.

[xix] Siehe dazu Seidel (2023): Decentring the Grand Narrative of the Enlightenment: The Transregional Micronarrative of Mīrzā Āqā Khān Kermānī’s Writings in Global Intellectual History. In: Kai and Abdoulaye (Hg.), Thinking the Re-Thinking of the World: Decolonial Challenges to the Humanities and Social Sciences from Africa, Asia and the Middle East. New York: De Gruyter.

[xx] Zum Begriff des Dispositivs Louise Burchill in Badiou and Tarby (2013): Philosophy and the Event, Cambridge, Polity: x-xix.

[xxi] In diese Richtung geht auch Talal Asads Konzept der „diskursiven Tradition“. Asad (1986): The Idea of an Anthropology of Islam, Washington, D.C, Center for Contemporary Arab Studies, Georgetown University.

[xxii] McIntyre (2007): The Virtues, the Unity of a Human Life and the Concept of a Tradition. In: McIntyre (Hg.), After Virtue. A Study in Moral Theory. 3rd ed. Notre Dame, Indiana: University of Notre Dame Press, Coronil (1996): Beyond Occidentalism: Toward nonimperial Geohistorical Categories. Cultural Anthropology, 11, 51-87.

 

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Dr. Nils Riecken ist Postdoc im ERC-Projekt „Soziale und kulturelle Dynamiken in der Region Palästina zwischen 1880 und 1920“ (LOOP) am Institut für Orientalistik und Islamwissenschaft an der Ruhr-Universität Bochum

 

Vorgeschlagene Zitierweise: Nils Riecken, „Zeit für andere Relationen: die Aufgabe der Dekolonisierung, Epistemologie und das Politische,” in Denkanstöße – Reflections, 19.12.2022, https://philosophy-in-the-modern-islamic-world.net/zeit-fur-andere-…d-das-politische/, ISSN 2941-0347.